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Bauen und Wohnen
704Wohnen wollen wir für alle Menschen bezahlbar, verfügbar und umweltverträglich gestalten. Alle
705Wohnformen, ob Eigentum oder Mietwohnung, in der Stadt und im ländlichen Raum sind für uns
706gleichwertig. Wir kurbeln den Wohnungsbau und die Eigentumsbildung durch eine Investitions-,
707Steuerentlastungs- und Entbürokratisierungsoffensive an. Zur Stabilisierung des Wohnungsmarktes
708wird der soziale Wohnungsbau als wesentlicher Bestandteil der Wohnraumversorgung ausgebaut.
709Mieter müssen wirksam vor Überforderung durch immer höhere Mieten geschützt werden. Wir
710stärken die städtebauliche Entwicklung unseres Landes, gerade auch in den ländlichen Räumen,
711bekämpfen Leerstand in strukturschwachen Regionen, stärken Innenstädte und soziale Infrastrukturen
712und passen sie an Klimawandel sowie Barrierefreiheit an.
713Wir werden das Baugesetzbuch in zwei Schritten novellieren. In den ersten 100 Tagen werden wir
714einen Gesetzentwurf zur Einführung eines Wohnungsbau-Turbos unter Berücksichtigung der
715kommunalen Planungshoheit vorlegen sowie Lärmschutzfestsetzungen erleichtern; zugleich werden
716die Vorschriften über den Umwandlungsschutz (§ 250 Baugesetzbuch) und die Bestimmung der
717Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt um fünf Jahre verlängert. In einem zweiten Schritt
718werden wir eine grundlegende Reform zur Beschleunigung des Bauens vornehmen. Um eine
719nachteilige Ausstrahlungswirkung auf die Umgebung zu vermeiden, wird das Vorkaufsrecht für
720Kommunen in Milieuschutzgebieten und bei Schrottimmobilien entsprechend gestärkt, der
721preislimitierte Vorkauf für solche Immobilien vereinfacht und die Umgehung von kommunalen
722Vorkaufsrechten bei Share Deals verhindert.
723In Milieuschutzgebieten werden Vorhaben zur Herstellung von Barrierearmut und energetischer
724Sanierung sozialverträglich ermöglicht. Selbstnutzende Eigentümer werden wir von den Regelungen
725des Milieuschutzes ausnehmen. Die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm), das
726Bauplanungsrecht und die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) werden
727weiterentwickelt, um Nutzungskonflikte zwischen Wohnen, Gewerbe und Landwirtschaft zu lösen.
728Baustandards werden vereinfacht und der Gebäudetyp E abgesichert. Die Bindungswirkung von
729Normsetzungen durch Selbstverwaltungsorganisationen wird überprüft und auf ein
730sicherheitsrelevantes Maß zurückgeführt. Um den Gebäudetyp E zivilrechtlich zu ermöglichen, wird
731eine gesetzliche Verknüpfung mit den technischen Baubestimmungen der Länder vorgenommen. Das
732Abweichen von den anerkannten Regeln der Technik stellt künftig keinen Mangel mehr dar. Die
733unabhängige Stelle zur Kostenfolgeprüfung von DIN-Normen wird eingesetzt. Durch serielles,
734modulares und systemisches Bauen heben wir Beschleunigungspotenziale.
735Zur Wohneigentumsbildung für Familien („Starthilfe Wohneigentum“), zur Neubauförderung und zur
736Sanierung bestehenden Wohnraums werden steuerliche Maßnahmen verbessert,
737eigenkapitalersetzende Maßnahmen geschaffen und die Übernahme von staatlichen Bürgschaften für
738Hypotheken geprüft. Die Förderprogramme der KfW werden zu zwei zentralen Programmen
739zusammengeführt und vereinfacht: ein Programm für den Neubau und eines für die Modernisierung.
740Dabei setzen wir Anreize für einfaches, klimafreundliches und kostenreduziertes Bauen. Zur Vergabe
741von Eigen- und Fremdkapital soll im Zusammenspiel von öffentlichen Garantien (zum Beispiel der KfW)
742und privatem Kapital ein Investitionsfonds für den Wohnungsbau aufgelegt und auch kommunale
743Wohnungsbaugesellschaften durch eigenkapitalentlastende Maßnahmen unterstützt werden. Wir
744wollen zudem die günstigen Finanzierungskonditionen des Bundes und die Expertise der
745Wohnungswirtschaft für schnelles und effizientes Bauen zusammenbringen und werden daher zeitnah
746durch eine Beteiligung des Bundes, zum Beispiel durch Garantien, die Finanzierungskosten so senken,
747dass gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft in großer Zahl Wohnungen in angespannten
748Wohnungsmärkten für unter 15 EUR pro Quadratmeter entstehen können. Um die Wohnungsfürsorge
749für Bundesbedienstete auszubauen, kann die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) eigene
750Einnahmen verwenden und wird zudem zu diesem Zweck mit einer begrenzten Kreditfähigkeit
751ausgestattet.
752Für die Erreichung der Klimaziele ist der Gebäudesektor zentral. Bezahlbarkeit, Technologieoffenheit,
753Versorgungssicherheit und Klimaschutz sind unsere Ziele für die Modernisierung der
754Wärmeversorgung. Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen. Das neue GEG machen wir
755technologieoffener, flexibler und einfacher. Die erreichbare CO2-Vermeidung soll zur zentralen
756Steuerungsgröße werden. Den Quartiersansatz werden wir stärken. Die Sanierungs- und
757Heizungsförderung werden wir fortsetzen. Die Kosten für energetische Sanierungen ererbter
758Immobilien werden künftig von der Steuer absetzbar. Die Förderfähigkeit des EH55-Standards wollen
759wir zeitlich befristet zur Aktivierung des Bauüberhangs wiederherstellen. Die Verzahnung von GEG und
760kommunaler Wärmeplanung vereinfachen wir. Die nationalen Gebäudeeffizienzklassen im GEG
761werden mit unseren Nachbarländern harmonisiert. Spielräume bei der Umsetzung der Europäischen
762Gebäuderichtlinie (EPBD) schöpfen wir aus. Für eine Verlängerung der Umsetzungsfristen setzen wir
763uns ein.
764Wir führen eine Abfallende-Regelung in der Ersatzbaustoffverordnung ein, ermöglichen notwendige
765Anlagen für die verstärkte Nutzung von Recycling-Baustoffen. Wir werden einen Aktionsplan
766biobasierte Baustoffe und einen Aktionsplan energieintensive Baustoffe erstellen. Investitionen in den
767sozialen Wohnungsbau werden schrittweise deutlich erhöht, in diesem Rahmen werden die Mittel für
768Junges Wohnen verdoppelt und Mittel für barrierefreies, altersgerechtes Wohnen zur Verfügung
769gestellt. Für bewilligte Projekte werden schnell ausreichende Mittel zur Abfinanzierung zur Verfügung
770gestellt.
771Um die „WG-Garantie“ für Auszubildende und Studierende zu erreichen, werden wir neben den
772zusätzlichen Investitionen in Junges Wohnen die Förderbestimmungen für den Belegungsankauf von
773Wohnraum für Auszubildende und Studierende öffnen. Der Verbraucherschutz zur Durchsetzung von
774Mieterrechten für junge Menschen wird gestärkt. Damit auch Auszubildende profitieren können,
775werden Beratungskompetenzen in einer Anlaufstelle für Auszubildenden-Wohnen auf Bundesebene
776gebündelt. Der Wohnungsbau soll aus den Beihilfevorschriften der EU ausgenommen werden. Das
777genossenschaftliche Wohnen wird weiter gefördert, die Wohngemeinnützigkeit wollen wir mit
778Investitionszuschüssen ergänzen. Das Wohngeld wird mit den Ländern vereinfacht.
779Die Mietpreisbremse in angespannten Wohnungsmärkten wird für vier Jahre verlängert. Bis zum
78031.12.2026 wird eine Expertengruppe mit Mieter- und Vermieterorganisationen die Harmonisierung
781von mietrechtlichen Vorschriften, eine Reform zur Präzisierung der Mietwucher-Vorschrift im
782Wirtschaftsstrafgesetz und eine Bußgeldbewehrung bei Nichteinhaltung der Mietpreisbremse
783vorbereiten. In angespannten Wohnungsmärkten werden Indexmieten bei der Wohnraumvermietung,
784möblierte und Kurzzeitvermietungen einer erweiterten Regulierung unterworfen. Über eine Änderung
785der Modernisierungsumlage werden wir dafür Sorge tragen, dass zum einen wirtschaftliche
786Investitionen in die Wohnungsbestände angereizt werden und zum anderen die Bezahlbarkeit der
787Miete künftig besser als jetzt gewährleistet bleiben kann. So lösen wir das Vermieter-Mieter-Dilemma
788auf. Die Wertgrenze bei Kleinmodernisierungen wird bis Ende 2025 auf 20.000 Euro angehoben. Die
789Nebenkosten für Mieterinnen und Mieter sollen transparenter und einfacher nachvollziehbar sein.
790Damit Vermieten wieder attraktiver wird, gilt: Wer günstig vermietet, wird steuerlich belohnt. Eine
791nationale Mietenberichterstattung wird eingeführt. Der Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit wird
792umgesetzt. Um Obdachlosigkeit zu verhindern, soll die Schonfristzahlung einmalig eine ordentliche
793Kündigung abwenden können (Härtefallregelung).
794Die Städtebauförderung wird modernisiert und vereinfacht, Innovationen werden gefördert. Für
795Kommunen unter 100.000 Einwohnern können die Länder integrierte Stadtentwicklungskonzepte
796regeln. Das Finanzvolumen der Städtebauförderung wird schrittweise verdoppelt. Wir werden die
797Mittel für die Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Städtebauförderung für die laufenden
798Maßnahmen verstärken und den zeitlichen Rahmen anpassen. Building Information Modeling (BIM)
799wird zum zentralen Instrument der Digitalisierung des Bauwesens weiterentwickelt. Die Errichtung
800eines Bundesforschungszentrums für klimaneutrales und ressourceneffizientes Bauen beginnen wir
801gemeinsam mit den Ländern Sachsen und Thüringen sowie unter Einbeziehung der Kompetenzen
802anderer Länder und stellen eine verstetigte Finanzierung sicher. Wir stehen zum Berlin/Bonn-Gesetz
803und werden eine Zusatzvereinbarung abschließen. In Halle (Saale) wird das „Zukunftszentrum für
804Deutsche Einheit und Europäische Transformation“ errichtet.