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EU in der Welt
4455Die Erweiterungspolitik hat hohe transformative Kraft und ist eine geopolitische Notwendigkeit. Die
4456massiv veränderte Weltlage erfordert eine Weiterentwicklung des EU-Beitrittsprozesses. Durch einen
4457leistungsbasierten und differenzierten Ansatz sollen individuelle Fortschritte der Kandidatenländer bei
4458der Annäherung an europäische Werte und Standards stärker honoriert werden. Die Menschen vor Ort
4459sollen konkret erfahren, dass sich der Weg ihrer Länder in die EU lohnt. Gleichzeitig muss die EU
4460erweiterungsfähig werden, indem der parallel stattfindende institutionelle Reformprozess zu konkreten
4461Ergebnissen geführt wird. Wir setzen uns für einen schrittweisen Integrationsansatz für
4462Kandidatenländer ein, die noch nicht alle Beitrittsanforderungen erfüllen, aber Reformen beherzt
4463umsetzen – ohne Abstriche bei den Kriterien oder bei der Integrität des Binnenmarktes. Dazu können
4464insbesondere ein „Phasing-in“ in EU-Programme und -Politiken, die Gewährung eines Beobachterstatus
4465im Europäischen Parlament und Rat der EU sowie eine assoziierte Mitgliedschaft in bestimmten
4466Bereichen wie der GASP/GSVP ohne Stimmrecht gehören. Der wichtige EU-Beitritt der sechs Länder
4467des Westbalkans, der Ukraine und der Republik Moldau liegt im wechselseitigen Interesse. Wir wollen
4468die Unterstützungsanstrengungen der EU und ihrer Mitgliedstaaten konsequent fortsetzen. Dazu
4469gehört auch der Berliner Prozess – denn wir müssen gerade den Westbalkan-Ländern, die schon lange
4470auf Fortschritt warten, belastbare Perspektiven bieten. Die Beziehungen zwischen der EU und der
4471Türkei sind von besonderer strategischer Bedeutung. Wir bedauern, dass sich die Türkei von der
4472Werteordnung der EU zunehmend weiter entfernt. Die Fortsetzung des Beitrittsprozesses mit Georgien
4473kann erst wieder in Frage kommen, wenn die Zweifel an der Einhaltung der demokratischen Prozesse
4474ausgeräumt sind. Dabei stehen wir an der Seite der pro-europäischen Kräfte.
4475Wir müssen den Dialog und die Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten vertiefen sowie die
4476Potenziale der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) nutzen. Auch nach dem Brexit ist das
4477Vereinigte Königreich einer der engsten Partner der EU. Für uns ist die „Global Gateway“-Initiative der
4478EU ein wichtiges geopolitisches Instrument, das auch bei der Wahl von Kooperationspartnern
4479berücksichtigt werden muss. Für einen kohärenten und sichtbaren Außenauftritt als „Team Europe“
4480brauchen wir ein transparentes, abgestimmtes und arbeitsteiliges Handeln der EU-Kommission, des
4481Europäischen Auswärtigen Dienstes und der Mitgliedstaaten.
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