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Handlungsfähiges Europa

4359Der nächste Mehrjährige Finanzrahmen der EU (MFR) ab 2028, zu dem Deutschland einen
4360angemessenen Beitrag leisten wird, muss den historischen Herausforderungen für Europa und
4361unserem Anspruch an eine geopolitisch handlungsfähige EU Rechnung tragen und sich nicht zuerst am
4362Status quo orientieren. Diese sind insbesondere die Stärkung der europäischen Sicherheit und
4363Verteidigungsfähigkeit sowie die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der EU. Zuallererst stehen die
4364Mitgliedstaaten in der Finanzierungsverantwortung für diese Ziele. Im Interesse stabiler Finanzen sowie
4365im Einklang mit den europäischen Verträgen haftet Deutschland weiterhin nicht für Verbindlichkeiten
4366anderer Mitgliedstaaten. Finanzierungen außerhalb des EU-Haushalts müssen die Ausnahme bleiben.
4367Gleichzeitig muss im künftigen MFR die Rückzahlung für die im Rahmen des Programms „Next<
4368Generation EU“ aufgenommenen Mittel beginnen. Wir fordern die EU-Kommission auf, einen<
4369entsprechenden Rückzahlungsplan als Teil ihres anstehenden MFR-Vorschlags vorzulegen. Die<
4370Rückzahlung darf nicht zu Lasten des regulären EU-Haushalts und seiner Programme erfolgen. Wir<
4371setzen uns für eine Modernisierung des MFR ein. Er muss einfacher, transparenter und flexibler<
4372ausgestaltet sein – auch um auf unvorhergesehene Ereignisse und Investitionsbedarfe unter Einsatz<
4373der zur Verfügung stehenden Finanzinstrumente im Rahmen der EU-Verträge umfassend und rasch<
4374reagieren zu können. Wir stehen zu dem zeitlichen Fahrplan für die Einführung neuer Eigenmittel und<
4375werden entsprechende Vorschläge konstruktiv prüfen.
4376Die Kohäsionspolitik ist in Zeiten großer Herausforderungen eine wichtige Säule eines solidarischen<
4377Europas und ein zentrales Instrument zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, Innovationskraft und<
4378gleichmäßigen Entwicklung aller europäischen Regionen. Wir treten zur Stärkung der Regionen für eine<
4379Kohäsionspolitik 2028+ ein, die auf der Grundlage einer angemesseneren Mittelausstattung in einer<
4380eigenständigen Fondsstruktur auch künftig gemeinsam mit den Regionen entwickelt und primär von<
4381diesen umgesetzt wird. Wichtig ist uns der Erhalt der Förderwürdigkeit aller Regionen. Insbesondere<
4382auch strukturschwache sowie von Transformation betroffene Regionen brauchen in Zukunft eine<
4383tragfähige Mittelausstattung der Kohäsionspolitik. Wir wollen keine Region zurücklassen. Das<
4384Europäische Parlament muss seine zentrale Rolle bei der Definition der Kriterien der Mittelvergabe und<
4385bei der Kontrolle der Mittelverwendung behalten.
4386Die Kohäsionspolitik soll in der Zukunft noch stärker Anreize zur Umsetzung von innerstaatlichen<
4387Reformen liefern. Den Regionen muss bei Ausarbeitung und Umsetzung der Programme sowie der<
4388Auswahl der Projekte weiterhin eine zentrale Rolle zukommen. Eine zentralisierte Kohäsionspolitik ist<
4389damit nicht vereinbar.
4390Die neuen Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspaktes müssen konsequent angewendet werden.
4391Sofern angesichts der sicherheitspolitischen Herausforderungen erforderlich, müssen<
4392Ausnahmeklauseln und Flexibilitäten genutzt werden.
4393Wir bekennen uns zur Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank und ihrem übergeordneten Ziel<
4394der Geldwertstabilität.
4395Angesichts des geopolitischen Epochenbruchs muss Europa umfassende strategische Souveränität<
4396entwickeln. Schlüsseltechnologien, Energiesicherheit, digitale Souveränität inklusive europäischer<
4397Plattformen, Schutz kritischer Infrastrukturen, Resilienz sowie eigene Fähigkeiten, um sich im globalen<
4398Systemwettbewerb zu behaupten, sind dafür zentral. Wir setzen uns für eine Europäische
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Verteidigungsunion zur Stärkung des europäischen Pfeilers in der NATO ein

. Wir wollen einen echten
4400Binnenmarkt für Verteidigungsgüter mit gemeinsamen Exportregeln und enger Zusammenarbeit bei
4401Planung, Entwicklung und Beschaffung. Eine engere europäische Abstimmung im internationalen
4402Krisenmanagement, ein systematischeres Vorgehen bei EU-Missionen und eine bessere Verzahnung
4403der Politiken von EU, Mitgliedstaaten und wichtigen supranationalen Organisationen wollen wir weiter
4404voranbringen.
4405Die Erweiterung der EU und ihre Aufnahmefähigkeit müssen Hand in Hand gehen. Deshalb brauchen
4406wir spätestens mit der nächsten Erweiterung eine innere Konsolidierung und Reform der EU, die sie
4407institutionell stärkt. Das Konsensprinzip im Europäischen Rat darf nicht zur Entscheidungsbremse
4408werden. Dies gilt grundsätzlich auch für die verbliebenen Entscheidungen mit Einstimmigkeit im Rat
4409der EU.
4410Die sogenannten „Brückenklauseln“ wollen wir nutzen, um Entscheidungsverfahren effizienter zu
4411gestalten. Notwendige Reformen, die ohne Vertragsänderungen möglich sind, sollten ausgereizt
4412werden. Wo notwendig, sind wir offen für Vertragsänderungen gemäß Artikel 48 EU-Vertrag. Wir
4413wollen das Prinzip der verstärkten Zusammenarbeit im Sinne des Konzepts des „Europas der
4414verschiedenen Geschwindigkeiten“ stärker nutzen. Um den Zusammenhalt in der EU zu schützen, muss
4415diese Zusammenarbeit immer für alle Mitgliedstaaten offen bleiben.
4416Wir befürworten eine Weiterentwicklung des Wahlrechts zum Europäischen Parlament. Wir setzen uns
4417für die Einführung einer Sperrklausel bei Europawahlen ein, die den Anforderungen des
4418Bundesverfassungsgerichts entsprechen muss. Zudem wollen wir bei Europawahlen das
4419Auszählverfahren nach D'Hondt zur Anwendung bringen. Wir passen die Mitwirkungsrechte des
4420Bundestages insbesondere an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts an. Wir setzen uns für eine
4421konsequente und wirkungsvollere Umsetzung des Subsidiaritätsprinzips ein, einschließlich frühzeitiger
4422Berücksichtigung des Systems kommunaler Selbstverwaltung. Wir stehen zum Ausschuss der Regionen
4423als dem Forum der europäischen Regionen und Städte. Wir machen uns für vernetzte und
4424prosperierende Grenzregionen stark.