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Verteidigungspolitik
4119Die NATO ist ein tragender Pfeiler der transatlantischen Partnerschaft und für die europäische
4120Sicherheit unverzichtbar. Wir bekennen uns zur Stärkung des transatlantischen Bündnisses und zur
4121fairen Lastenteilung. Wir halten an der nuklearen Teilhabe innerhalb der NATO fest. Sie ist integraler
4122Baustein der glaubhaften Abschreckung durch das Bündnis. Wir setzen uns dafür ein, den europäischen
4123Pfeiler der NATO mit Nachdruck fortzuentwickeln und die EU-NATO-Zusammenarbeit weiter
4124aufzuwerten. Wegen seiner geografischen Lage in Europa soll Deutschland als zentrale Drehscheibe der
4125NATO weiter ausgebaut werden. Auch die maritime Sicherheit in Nord- und Ostsee ist von Bedeutung.
4126Die europäische Zusammenarbeit in Rüstungsfragen muss dafür sorgen, dass die Ausstattung einfacher
4127und standardisierter wird und Kosten- und Qualitätsvorteile durch gemeinsame Bestellungen
4128entstehen („Simplification, Standardization und Scale“). Die dauerhaft in Litauen stationierte deutsche
4129Brigade ist unser zentraler Beitrag für Abschreckung und Verteidigung an der NATO-Ostflanke. Die
4130Aufstellung, ihre Ausstattung und Finanzierung sowie ihr Personalbedarf haben Priorität.
4131Die Ausgaben für unsere Verteidigung müssen bis zum Ende der Legislaturperiode deutlich und
4132stringent steigen. Die Höhe unserer Verteidigungsausgaben richtet sich nach den in der NATO
4133gemeinsam vereinbarten Fähigkeitszielen. Der Zyklus einer Legislaturperiode ist für die Umsetzung
4134weitreichender Beschaffungs- und Rüstungsprojekte regelmäßig zu kurz. Wir streben deswegen die
4135Einführung eines mehrjährigen Investitionsplans für die Verteidigungsfähigkeit an, der im Einklang mit
4136dem Deutschen Bundestag langfristige finanzielle Planungssicherheit gewährleistet, um damit den
4137Bedürfnissen der Bundeswehr und den Verpflichtungen gegenüber der NATO sowie ihren
4138Fähigkeitsanforderungen gerecht zu werden. Wir werden noch im ersten halben Jahr der
4139Regierungsarbeit ein Planungs- und Beschaffungsbeschleunigungsgesetz für die Bundeswehr
4140beschließen.
4141Es ist zwingend, dass wir die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte kurzfristig, nachdrücklich und
4142nachhaltig erhöhen. Dies gilt zuallererst für die Truppenverbände und Kräfte, die bereits in die
4143Verteidigungspläne der NATO eingemeldet sind und für ihren Auftrag voll ausgestattet werden müssen.
4144Wir fokussieren uns dabei auf den militärischen Zweck und Nutzen zur Erfüllung des Kernauftrags und
4145richten die militärischen und zivilen Strukturen der Bundeswehr darauf aus.
4146Soldatinnen und Soldaten verdienen unsere höchste Anerkennung. Wir verankern unsere Bundeswehr
4147noch stärker im öffentlichen Leben und setzen uns für die Stärkung der Rolle der Jugendoffiziere ein,
4148die an den Schulen einen wichtigen Bildungsauftrag erfüllen.
4149Wir schaffen einen neuen attraktiven Wehrdienst, der zunächst auf Freiwilligkeit basiert. Für die neue
4150Ausgestaltung dieses Dienstes sind die Kriterien Attraktivität, Sinnhaftigkeit und Beitrag zur
4151Aufwuchsfähigkeit leitend. Wertschätzung durch anspruchsvollen Dienst, verbunden mit
4152Qualifikationsmöglichkeiten, werden die Bereitschaft zum Wehrdienst dauerhaft steigern. Wir
4153orientieren uns dabei am schwedischen Wehrdienstmodell. Wir werden noch in diesem Jahr die
4154Voraussetzungen für eine Wehrerfassung und Wehrüberwachung schaffen.
4155In allen personalrechtlichen Fragen muss die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr im Vordergrund
4156stehen. Dem Faktor der individuellen Einsatzbereitschaft räumen wir deswegen besondere Bedeutung
4157ein. Wir machen die Bundeswehr durch flexible Dienstzeit- und Laufbahnmodelle sowie in Fragen der
4158sozialen Fürsorge attraktiver. Das bestehende Arbeitszeitregime für die Bundeswehr passen wir dem
4159veränderten Bedarf der Streitkräfte an. Wir wollen den Anteil der Frauen und von Menschen mit
4160Migrationsgeschichte in der Bundeswehr erhöhen.
4161Wir wollen die Reserve und den Heimatschutz weiter stärken, sie dem Auftrag entsprechend ausstatten
4162und sie strukturell und gesellschaftlich besser verankern.
4163Wir setzen uns dafür ein, dass Hemmnisse, die beispielsweise Dual-Use-Forschung oder auch zivil-
4164militärische Forschungskooperationen erschweren, abgebaut werden. Außerdem wollen wir die
4165Verteidigungsfähigkeit Deutschlands im Weltraum entschlossen und zügig ausbauen. Eine nationale
4166Weltraumsicherheitsstrategie werden wir im ersten Regierungsjahr veröffentlichen. Wir werden das
4167Defizit, das es in Deutschland im Bereich der strategischen Sicherheitsforschung gibt, beseitigen und
4168uns für deren Förderung im Sinne eines vernetzten Sicherheitsverständnisses einsetzen.
4169Das Planungs- und das Beschaffungswesen wird reformiert. Für einzelne Großprojekte, aber auch für
4170Zukunftstechnologiebereiche, die einer hohen Innovationsdynamik unterliegen, werden wir neue
4171Realisierungswege implementieren. In besonders kritischen Bereichen, wie Munition, werden wir
4172verstärkt mit Vorhalteverträgen und Abnahmegarantien arbeiten. Die Verfügbarkeit von
4173Schlüsselressourcen, wie zum Beispiel Sprengstoffen, wird abgesichert. Bereits erfolgte Zertifizierungen
4174und Zulassungen von Partnerationen erkennen wir dort wo möglich an und verzichten auf eine
4175erneute Durchführung. Wir werden das Verfahren der Parlamentsbeteiligung in Beschaffungsfragen
4176beschleunigen und empfehlen, die Höhe des Schwellenwertes für Beschaffungsvorlagen zu erhöhen.
4177Die bereits geschaffene Grundlagenentwicklung des Future Combat Air System sowie des Main Ground
4178Combat System werden wir zügig gemeinsam fortsetzen.
4179Wir fördern verstärkt Zukunftstechnologien für die Bundeswehr und führen diese in die Streitkräfte ein.
4180Dies gilt insbesondere für die Bereiche: Satellitensysteme, Künstliche Intelligenz, unbemannte (auch
4181kampffähige) Systeme, Elektronischer Kampf, Cyber, Software Defined Defense und Cloud-
4182Anwendungen sowie Hyperschallsysteme. Hierzu ist auch ein vereinfachter Zugang und verbesserter
4183Austausch mit Forschungseinrichtungen, dem akademischen Umfeld, Start-Ups und Industrie
4184notwendig.
4185Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie
4186einschließlich des wehrtechnischen Mittelstandes ist durch langfristig planbare Beauftragungen und
4187vereinfachten Kapitalzugang zu stärken. Wir schaffen hierzu resilientere Lieferketten. Damit
4188maximieren wir die deutsche und europäische Handlungsautonomie. Bei Rüstungskäufen außerhalb
4189des EU-Vergaberechts werden wir Offset-Möglichkeiten nutzen. Wenn die vollumfängliche
4190Gewährleistung der Sicherheits- und Verteidigungsinteressen Deutschlands durch Änderungen der
4191Eigentums- und Anteilsverhältnisse an Schlüsselunternehmen der Sicherheits- und